Ängste gibt es bei Männern und Frauen – doch in unterschiedlichem Ausmaß. Sie kommen nicht nur unterschiedlich häufig vor, sondern haben auch unterschiedliche Inhalte. Doch wie genau und warum unterscheiden sie sich? Das versuche ich im Folgenden auszuloten.

Wie häufig kommen Angsterkrankungen bei Männern und Frauen vor?

Angsterkrankungen und psychische Erkrankungen allgemein

Die klare Aussage in Studien und Statistiken lautet: Es gibt knapp doppelt so viele Frauen mit Angststörungen wie Männer. Dabei sind diese Angststörungen bei Frauen doppelt so häufig mit Depressionen und mit zahlreichen Arztbesuchen verbunden.  Bei Männern dafür mehr als doppelt so oft mit dem Mißbrauch von Alkohol oder Drogen (Quelle).

Für psychische Erkrankungen allgemein gilt nach einer Statistik der DAK, daß Männer 2019 5,7 Arbeitsunfähigkeitstage auf 100 Versicherte auf Grund psychischer Erkrankungen in Anspruch nahmen, Frauen jedoch 9,3. Dabei ist bemerkenswert, daß die Zahlen bei beiden Geschlechtern in den letzten 20 Jahren um mehr als das Doppelte gestiegen sind. So erhöhten sich die Fehltage auf Grund psychischer Erkrankungen seit 1997 um sagenhafte 239%. Die Fehltage auf Grund aller anderen Krankheiten stiegen jedoch nur um 28% an. Den höchsten Anteil machen dabei Anpassungsstörungen auf Belastungen (Steigerung um 432%), gefolgt von Angststörungen (Steigerung um 304%) aus. (Diese steigende Tendenz – die hier wie meist üblich nur die Steigerung absoluter Zahlen beinhaltet – bleibt mit Sicherheit auch dann bestehen, wenn man das steigende Lebensalter und die steigende Bevölkerungsanzahl in Deutschland zu Grunde legt – Statistiken, die diese angleichenden Effekte berücksichtigen, habe ich jedoch nicht gefunden.)

Auch Statistiken zu Ängsten der Deutschen zeigen, daß im Durchschnitt über alle Ängste und über einen Zeitraum von 20 Jahren die Ängste der Frauen immer um ca. 4-8 Prozentpunkte höher als die der Männer sind.

Doch werden diese Zahlen die Männer betreffend – wie ich finde, mit gutem Grund – angezweifelt. Laß uns dazu ergänzend die Zahlen zu Substanzmißbrauch (Drogen und Alkohol) und zu den verübten Suiziden ansehen.

Substanzmißbrauch

4,7% der Männer in Deutschland sind kurz vor und 4,8% bereits in der Abhängigkeit von König Alkohol. Bei Frauen sind es nur 1,5 und 2%. Dieser Unterschied gilt jedoch erst im Erwachsenenalter. Bei Jugendlichen ist der Mißbrauch ziemlich gleich verteilt.

Medikamente werden von Frauen häufiger konsumiert. 21% der Frauen in Deutschland nehmen mindestens einmal wöchentlich Schmerzmittel ein und 4% Antidepressiva. Bei Männern sind es nur 14% bei den Schmerzmitteln und 2% bei den Antidepressiva. Jedoch nehmen 2,5% aller Frauen und Männern mindestens einmal wöchentlich Beruhigungsmittel ein. Das klingt wenig, dabei sind es 1,75 Mill. Menschen.

Für den Konsum illegaler Drogen (hier vor allem Koks, und ohne Cannabis) wird ein Verhältnis von 3:1 im Vergleich zwischen Männern und Frauen angenommen. Von den geschätzt 166.000 Opioidabhängigen sind etwa 42.000 Frauen und 124.000 Männer.

Suizide

2019 wurden in Deutschland 9.041 Suizide verzeichnet. 76% davon wurden von Männern begangen. Der Altersdurchschnitt liegt bei 58 Jahren. Die Suizide steigen mit dem Lebensalter mit dem Höhepunkt zwischen 50 und 65 Jahren. Dann gibt es eine absinkenden Kurve zu Beginn des Rentenalters und einen Wiederanstieg zwischen 75 und 85 Jahren.

Was lassen uns diese Zahlen zum Thema Angsterkrankungen vermuten?

Im Vergleich zu Frauen weichen Männer offensichtlich zur Kompensation von Problemen auf Suchtmittel aus. Oder sie beenden ein für sie sinnlos gewordenes Leben. Viele Therapeuten, die wie ich auch Männer mit Ängsten behandeln, sind mit mir einer Meinung, daß von den Klienten vorgetragene Themen, die neben beruflichen und privaten Problemen oft Suchtmittel und manchmal auch Aggressionsprobleme beinhalten, nur der Vordergrund verdrängter Ängste sind. Mittlerweile findet man diese Überzeugung auch in vielen Studien, die übereinstimmend auf vor allem gesellschaftliche Ursachen hinweisen.

Um diesen ein wenig auf die Spur zu kommen, laß uns mal anschauen, ob sich die konkreten Ängste von Männern und Frauen unterscheiden

Welche Ängste haben Männer, welche Frauen?

In Deutschland

Ich hatte ja schon im letzten Blog über die Ängste der Deutschen geschrieben – doch gibt es hier tatsächlich geschlechtsspezifische Unterschiede. So haben Männer mehr Angst als Frauen vor den Auswirkungen politischer Entscheidungen, so vor den Belastungen durch die EU-Schuldenkrise, der Überforderung des Staates durch Geflüchtete, vor dem Zuzug von Ausländern und vor der Überforderung der Politiker.  Allerdings beträgt der Abstand zu den für die Frauen gültigen Zahlen nur moderate 1-2%. Frauen hingegen haben eine signifikant höhere Angst, im Alter zum Pflegefall zu werden, vor Schadstoffen in Lebensmitteln und vor Naturkatastrophen. Hier beträgt die Differenz zu den Männern 8, 9 und 6 %. Zudem treiben sie Ängste vor steigenden Lebenshaltungskosten und einer schlechteren Wirtschaftslage um, hier jedoch nur mit einem Unterschied von 3 % zu den Männern.

Im Beruf

Männer haben mehr Angst vor dem beruflichen Versagen in Form von Verlust der beruflichen Existenz. Frauen hingegen haben mehr Angst vor öffentlichen Reden, Auseinandersetzungen in Teams, in dem sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sowie vor Arbeiten, wenn sie dabei beobachtet werden können. (Quelle)

Männer haben Angst, als unmännlich wahrgenommen zu werden. Ein schönes Beispiel ist die Geschichte über einen Bauarbeiter, der über 10 Jahre lang täglich an Panikattacken litt – und zwar 30 Stockwerke über der Erde. Für ihn war das eine unmännliche Schwäche, die er überwinden mußte – 10 Jahre lang jeden Tag von neuem (Quelle). Eine Studie zu Führungskräften, die um Hilfe bitten, zeigt, daß Männer in einer solchen Situation eher als inkompetent, wenig vertrauenswürdig und unfähig betrachtet werden, Frauen hingegen dies als Stärke angerechnet wird.

Aus meiner Praxiserfahrung tun sich Männer sehr schwer, überhaupt das Wort „Angst“ oder gar „Panik“ zu benutzen. Sie haben keine Angst, sondern Probleme oder sie sind ständig nervös. In der Regel, weil sie überarbeitet sind oder mit bestimmten Anforderungen nicht umgehen können. Gegebenenfalls ist auch der Körper schuld – so wenden sich Männer mit Ängsten eher mit den körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Schwindel oder Schlaflosigkeit an einen Arzt.

In der Partnerschaft

35 % der Männer haben Angst, verlassen zu werden. Passend dazu haben 27 % der Männer Angst, daß ihre Partnerin die eigene Familie oder die Freunde über die Partnerschaft stellen könnte. Im Vordergrund der männlichen Ängste in der Partnerschaft steht jedoch die Fähigkeit, der Partnerin sexuell zu genügen. Trotzdem machen sich nur 26 % Gedanken darüber, ob ihre Partnerin sie betrügen könnte. Zudem haben 33 % der Männer die Sorge, ihrer Partnerin finanziell nicht genug bieten zu können.

58 % Frauen haben in der Beziehung Angst, daß ihr Aussehen von ihren Partnern nicht mehr anziehend gefunden wird. Daher haben auch 42 % der Frauen Angst, von ihren Partnern verlassen zu werden. Und sie haben auch deutlich häufiger Angst, daß ihr Partner sie betrügen könnte (36 %).

In meiner Praxis erlebe ich in der Regel, daß Frauen Angst haben, die vielfältigen Aufgaben in ihrem Leben nicht perfekt genug erfüllen zu können, nicht die perfekte Mitarbeiterin, die perfekte Partnerin und die perfekte Mutter zu sein. Sie haben Angst, nicht den richtigen (oder überhaupt eine) Partner zu finden. Sie haben Angst vor Männern oder vor der klaren Positionierung.

Geht es hier um Männlichkeit vs. Weiblichkeit?

Wenn ich versuche, diese unterschiedlichen Ängste zusammenzufassen, komme ich zu der folgenden Erkenntnis: Männer machen sich mehr Gedanken um Themen, in denen sie anderen ausgeliefert sind (Politikern, Ausländern) oder in denen sie wehrlos sind (Kündigung, Verlassenwerden in der Partnerschaft, sexuelles Versagen). Ausgeliefert und wehrlos sollte ein Mann aber nie sein. Hier geht es offensichtlich um das allgemein akzeptierte Verständnis von Männlichkeit.

Frauen haben im Grunde zweigeteilte Ängste. Sie haben ähnlich wie Männer Ängste vor den Auswirkungen von unbeeinflußbaren Rahmenbedingungen, politisch (Auswirkungen von Wirtschafts- oder Klimakrisen) wie auch beruflich (den Anforderungen nicht zu genügen). In der Partnerschaft quälen sie hingegen eher die Ängste, die mit ihrer Weiblichkeit zusammenhängen – nicht schön genug oder ausreichend genug zu sein.

Während sich also das ursprüngliche Konzept von Weiblichkeit nur noch in den Ängsten innerhalb der Partnerschaft niederschlägt, sind die anderen Ängste aus dem (aus meiner Sicht unausgegorenen) Konzept weiblicher Gleichberechtigung entstanden.

Nebenbei: diese sehr unterschiedlichen Vorstellungen über Situationen, die als angsterzeugend wahrgenommen werden, machen die Kommunikation zwischen den Geschlechtern nicht unbedingt einfacher.

Welche Ursachen für diese Unterschiede in den Ängsten gibt es?

Biologische Gründe

Möglicherweise sind einige biologische Unterschiede dafür verantwortlich, daß Frauen sich schneller verunsichern lassen, unsicher fühlen oder Angst haben. Dazu gehört zum einen die in der Regel geringere Muskelkraft sowie das niedrigere Testosteronlevel, so daß ein Kampf gegen einen Mann aussichtslos erscheint. Zudem sind Schwangere und Mütter von Kleinkindern in einer Schutzrolle, die es auch wieder angeraten sein läßt, sich nicht auf eine körperliche Auseinandersetzung einzulassen. Die Konfrontation mit körperlich überlegenen Männern – selbst mit den Partnern – wie auch der Aufenthalt in unübersichtlichen oder dunklen Räumen oder Gegenden macht Frauen daher deutlich ängstlicher als Männer. Letztlich sind sie auch schmerzempfindlicher und ihr vegetatives Nervensystem ist schneller erregbar.

Nicht biologisch, aber trotzdem typisch ist, daß Frauen sich selbst viel besser, aber auch viel intensiver beobachten.

Ein leicht erregbares Nervensystem zusammen mit einer intensiven Selbstbeobachtung können daher dazu führen, daß Schwindel und Herzrasen auf Grund eines abgesackten Blutdruckes zu einer Angstattacke führen, die sich auf Grund des erfahrenen Schrecks zu einer Angststörung verselbständigt. Das ist nicht unwahrscheinlich, denn genau so ist es mir selbst passiert.

Die Biologie spricht daher dafür, daß Frauen ängstlicher durch ihr Leben gehen und würde so die Eingangszahlen begründen.

Gesellschaftliche Gründe

Vor mehr als drei Jahren habe ich schon einmal einen Blog zum Thema Männer in unserer Zeit und ihre Position in der Debatte über die Gleichberechtigung geschrieben, der an Aktualität leider absolut nichts verloren hat. (hier:)

Das Konzept der Maskulinität….

Wenn wir uns die unterschiedlichen Konzepte, auf denen das Verhalten von Männern und Frauen in unserer Gesellschaft beruht – Männlichkeit oder Individualität, so müssen wir konstatieren, daß noch immer ein Konzept von Maskulinität – oft unterbewußt – verinnerlicht ist. Die Sozialisierung als „Mann“ startet in sehr frühem Alter und definiert Maskulinität als Stärke, Unbeugsamkeit, Heterosexualität und die Abwesenheit von Gefühlsäußerungen. Dieses Ideal führt oft zu einem Mangel an Verbindung(sfähigkeit) mit anderen Menschen. (Quelle). Also sollte ein Mann mutig, risikobereit und führungsstark sein und seine Emotionen im Griff haben. Die einzigen Emotionen, die ein Mann gegebenenfalls zeigen darf, sind Wut und Ärger.

… und seine toxischen Auswirkungen

Leider ist das auch genau der Grund für die deutlich höhere Gewaltbereitschaft bei Männern. Sie ist nicht biologisch festgelegt, sondern resultiert aus dem Verbot, andere Gefühle wie Trauer, Rührung, Hilflosigkeit oder Zärtlichkeit auszudrücken.

Psychologen, die über Depressionen und Ängste bei Männern schreiben, bestätigen mit ihren Patientengeschichten die Erfahrung, die auch ich in meiner Praxis mache. Männer beobachten sich selbst nicht gut. (Wenn ich z.B. einen Mann frage, wie sich der Schmerz, von dem er spricht, genau anfühlt, sieht er mich meist seltsam an und antwortet so etwas wie. „na, schmerzhaft“. Daß man Schmerz nach Stärke und Qualität wie bohrend oder drückend unterscheiden kann, ist für die meisten eher neu.)

Diese fehlende Beobachtung macht es ihnen schwer, die körperlichen Probleme, die sie – wenn sie zu mir kommen – immerhin schon mal als Resultat von psychischen Problemen eingeordnet haben, in Verbindung mit Situationen und Verhaltensweisen zu bringen. Oft genug dauert es, bis ich (oder andere) überhaupt erst in einen Bereich vordringen, wo der Mann beginnt über seine Gefühle zu sprechen. Und noch länger, bis der Klient mit meiner Unterstützung den Situationen auf den Grund gegangen ist, in denen er gelernt haben, daß seine Gefühle nicht wahrgenommen werden. Und viele männliche Klienten tun sich sehr schwer, zu akzeptieren, daß jeder Mann auch feminine Anteile enthält, die zu nutzen, ein erfülltes Leben ausmacht. (Hierzu habe ich übrigens auch schon mal einen Blog geschrieben – hier:.) Diese dann auch in einer Umwelt einzusetzen, die es nach wie vor problematisch findet, wenn ein Mann „schwach“ ist, ist dann der wichtigste Schritt der Veränderung.

Natürlich gilt das nicht für alle Männer, doch der Großteil der über 30jährigen ist nach meiner Erfahrung so sozialisiert – je älter, desto mehr.

Das Konzept der weiblichen Gleichberechtigung

Auch das ist in gewisser Weise toxisch. Denn Frauen haben heute das alte Weiblichkeitsideal (Sanftheit, Fürsorglichkeit, Gesprächsbereitschaft, Emotionalität) mit dem neuen Gleichberechtigungsideals überlagert. Das bringt nach meiner Erfahrung zwar eine deutlich größere Bandbreite in der Definition ihres Lebensstils und damit ihres Bildes eines individuellen Lebens mit sich. Jedoch birgt die neue Gleichberechtigung eben auch für viele eine enorme Überlastung. Denn mit der Etablierung einer selbstbestimmten und erfolgreichen beruflichen Karriere ist die Vorstellung einer erfolgreichen Ehe und Mutterschaft nicht gestorben. Sie ist trotz ihrer nur unterschwelligen Präsenz nach wie vor die Grundlage der Vorstellung von einem glücklichen Leben. Und das Ausbalancieren dieser beiden häufig konkurrierenden Lebensvorstellungen in der Realität bleibt für viele sehr schwierig – auch und gerade, weil die jeweiligen Partner noch überwiegend in dem maskulinen Stereotyp befangen sind.

Was sich in Zukunft ändern könnte.

Ich habe im Netz eine sehr interessante Untersuchung des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Sport von 2007 gefunden, in der Vorstellungen 20jähriger mit unterschiedlichem Bildungsgrad und aus unterschiedlichen sozialen Schichten zum Thema Gleichberechtigung untersucht werden. Und obwohl die Studie mehr als 10 Jahre alt ist und die damaligen Probanden heute über 30 sind, finde ich diese Ergebnisse auch auf der Basis meiner Erfahrungen mit sehr jungen Klienten sowie mit meiner (20jährigen) Tochter und deren Freundeskreis noch immer sehr zutreffend.

Die neuen Einstellungen junger Abiturienten…

So haben offensichtlich weibliche Abiturienten ein sehr positives Bild der herrschenden Geschlechtergerechtigkeit, das von den männlichen Abiturienten grundsätzlich geteilt wird. Die Mädchen haben klare Vorstellungen von ihrer Zukunft und einem Partner auf Augenhöhe. Sie fühlen sich nicht gedrängt und haben die positive Überzeugung, daß sie einen sinnerfüllenden Beruf und die Familie handhaben können. Dabei ist der Partner in ihrer Vorstellung vollkommen gleichberechtigt und nimmt genauso Rücksicht auf Kinder und Familie wie sie selbst.

Die männlichen Abiturienten fühlen sich hingegen noch ein wenig überfordert und unsicher. Hier steht das alte Stereotyp, daß sie jetzt die Entscheidung für ein erfolgreiches Berufsleben treffen müssen, den Erwartungen ihrer derzeitigen Partnerinnen an die zukünftige Rolle als Familienvater gegenüber. Auch in ihrer privaten Zukunftsvorstellung fühlen sie sich unsicher – zwar wollen sie gebildete Frauen auf Augenhöhe. Doch haben sie Sorge, daß diese wegen ihres eigenen Erfolges heute eher geneigt sind, eine Partnerschaft zu verlassen. Auch wenn sie im Widerspruch zu ihrem familiär geprägten Bild der Familie gern auf die Vorstellungen der jungen Frauen eingehen wollen, wissen sie – mangels Vorbild – noch nicht so recht, wie das gehen soll. Wegen der Sicherheit der jungen Frauen in deren Zukunftsvorstellungen erfahren sie diese als die eigentlichen Entscheider und fühlen sich selbst in der Defensive.

… und was sie den anderen zeigen können.

Trotz dieser Unsicherheit ist aus meiner Sicht gerade hier ein grundsätzliches Umdenken zu erkennen. Die jungen Männer dieser Generation werden – vielleicht – in einem größeren Maßstab lernen, wie ein gemeinsames Leben gelingen kann, in dem sie nicht nur Anteil an der Familie nehmen, sondern auch ihre Gefühle und Wünsche äußern dürfen. Damit geben sie ihren Söhnen ein Vorbild, das ihnen selbst noch fehlte und das dann – vielleicht – Schule auch in den anderen sozialen Gruppen macht.

Denn die jungen Männer mit Real- oder Hauptschulabschluß betrachten heute die Errungenschaften der Gleichberechtigung noch als teilweise zu umfangreich. Sie empfinden eine Dominanz von Frauen, die in ihren Augen zu wissen scheinen, was sie wollen, als bedrohlich. Und das, obwohl die Mädchen in dieser Gruppe eher zu einem traditionelleren Familienbild neigen – Arbeit ja, aber die Familie im Zentrum.

Während also ein Teil der jungen Männer im Aufbruch zu einem Land ist, in dem Verletzlichkeit zu zeigen und Gefühle zu äußern, kein Tabuthema mehr ist, verharrt ein großer Teil der männlichen Jugendlichen noch immer in den Vorstellungen der traditionellen Männerbilder. Das wird durch Jugendliche aus Migrantenfamilien, die aus Ländern ohne entsprechende Gleichbehandlung für Frauen stammen, natürlich verstärkt. Diese Klientel versucht weiterhin, ihre verdrängten Gefühle mit Alkohol, Drogen, Gewalt oder (illegalen) Autorennen zu kompensieren.

Wichtig finde ich jedoch, daß nun ein anderer Ansatz in Richtung tatsächlicher Gleichberechtigung gemacht wird. Ein Ansatz, der nur in Teilen politisch unterstützt wird – was Wunder, sind doch die meisten Politiker männlich und deutlich über 40 – potentielle Klienten also 😉.

Fazit:

Männer verdienen Ermutigung auf diesem Weg. Aus meiner Sicht und der Erfahrung zahlreicher Klienten schließen sich Klarheit in Entscheidungen, Stärke und Mut nicht mit Eigenschaften wie Zärtlichkeit, Liebe und Fürsorge aus. Da wir alle feminine und maskuline Anteile in uns tragen, sollte es uns auch nicht schwer fallen, zu akzeptieren, daß Männer ihre weiblichen Anteile auszudrücken lernen, so wie wir Frauen seit Jahrzehnten auf dem Weg sind, unsere männlichen Anteile auszudrücken und für unseren Lebensweg zu nutzen.

Mit den besten Grüßen bin ich wie immer

Deine Claudia

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